Ein Heiliger

Schon oft waren meine Freundin und ich zu einem Meditationsabend gefahren, als sie mich eines Tages fragte, ob ich Interesse habe, zu einer Heiligen zu fahren. Mehr wollte sie dazu nicht sagen, sie meinte stattdessen, ich solle meine eigene Erfahrung machen. Ohne groß zu überlegen stimmte ich zu und etwa vier Wochen später waren wir gemeinsam bei Mutter Meera. Ich wusste nicht wirklich, wer sie ist, sie hinterließ jedoch einen tiefen Eindruck bei mir.

Ungefähr ein halbes Jahr später verspürte ich den Wunsch, Mutter Meera noch einmal zu sehen. Mein Leben stand vor einer Wende, und auch wenn sie nicht spricht, war ich überzeugt, sie würde mir den richtigen Impuls für meinen weiteren Lebensweg geben. Leider war Mutter Meera zu dem Zeitpunkt nicht in Deutschland, sondern in Amerika. Ziemlich enttäuscht habe ich dann im Internet einfach mal „Darshan in Deutschland“ eingegeben. Wie es der „Zufall“ wollte, war ein Darshan von einem Swami Vishwananda angekündigt. Sein Bild hat mich sofort fasziniert. Als nächstes habe ich auf YouTube nach Ihm gesucht.

In dem ersten Video, das ich fand, erscheinen zunächst ein paar Informationen über Swami Vishwananda. Er hält die Augen geschlossen und singt: „Narayana Narayana Jai Jai Govinda Hare, Narayana Narayana Jai Jai Gopala Hare“. Nach einer Weile öffnet er die Augen und lächelt. Dieses Lächeln, diese Augen, sie haben mich sofort fasziniert; wie magisch angezogen, etwas in mir geweckt, das ich bis dahin noch nie erfahren hatte. Es war vollkommen klar: Ich musste Ihn sehen, Ihm begegnen. Nichts und niemand konnte mich mehr aufhalten. Da ich nicht alleine zu Ihm fahren wollte, habe ich meiner Familie, meinen Kindern und meinen Freunden den Videoclip gezeigt. Einfach in der Hoffnung, sie würden ähnlich fühlen, doch es gab keine Resonanz. Zu meinem Sohn (24) sagte ich noch: „Warte, wenn Swami die Augen öffnet und lächelt, das ist so einzigartig, so besonders!“ Aber auch von meinem Sohn kam keine Reaktion.

Kurze Zeit später schrieb ich Pari an, die Frau, die das Poster vom Darshan in das Internetforum gestellt hatte. Wir verabredeten uns für den Darshan-Tag – 2.4.2009 – im Zentrum.  Das Zentrum war damals gerade erst von Bhakti Marga gekauft worden, und dementsprechend: eine Baustelle. In der Eingangshalle standen Eimer, mit denen Regenwasser aufgefangen wurde, das durch die Decke herunter tropfte, Matratzenlager in den Zimmern. Zimmer mit abgerissenen Tapeten, manche hatten keine Tür, die meisten waren noch nicht renoviert, alles war chaotisch mit viel Bauschmutz und natürlich Lärm. Im Zentrum lebten eine Handvoll Menschen, die bereit waren, all ihre Zeit für diese Mission zu geben. Sprachlos lief ich mit Pari durch das Zentrum, mein Gefühl sagte mir immer wieder: Das ist mein Zuhause. Es spielte überhaupt keine Rolle, wie es dort aussah, dieser Platz war meine Heimat, in mir war nur noch das Gefühl, endlich angekommen zu sein.

Meine erste Begegnung mit Guruji verlief dann folgendermaßen: Er kam in Jeans und Pullover durch die Eingangstür in die Lobby und wollte im Bhajan Café sein Essen zu sich nehmen. Pari ist gleich auf Ihn zugegangen und hat mich vorgestellt. Sehr nervös stand ich vor Ihm, als Er mich anlächelte und fragte, woher ich denn komme. Das kam noch irgendwie über meine Lippen und dazu der Satz: „Swami, ich habe noch nie mit einem selbstverwirklichten Meister gesprochen und bin ziemlich nervös.“ Er lächelte wieder, winkte mit seiner rechten Hand ab und antwortete: Das was Er erreicht habe, das könne ich auch. Völlig verdutzt habe ich Ihn angeschaut, überhaupt nicht verstanden, was Er damit meinte. Heute nach über neun Jahren, bin ich fest davon überzeugt, dass das ein Hinweis auf Atma Kriya Yoga war. Er fragte mich, ob ich am Abend zum Darshan komme, ich konnte nur noch nicken. Guruji verabschiedete sich und ging ins Bhajan Café. Was für eine Begegnung, was für ein Heiliger und doch so natürlich, so unglaublich liebevoll und warmherzig. Pari und ich sind dann ebenfalls in den Essraum gegangen, etwa 25 Menschen waren im Bhajan Café. Guruji aß mit uns zu Mittag. Weil noch etwas Zeit bis zum Darshan war, gingen wir zu einem Zimmer, in dem Second-Hand-Kleidung verkauft wurde. Dort fiel mir ein dunkelroter, einfacher Sari mit goldener Stoffbordüre ins Auge, und ich schwärmte der Verkäuferin vor, wie schön man darin wohl aussehen müsse. Sie antwortete: „Der Sari ist gebraucht und sehr günstig, nur 10 Euro, er muss nur etwas gebügelt werden.“ Nach kurzem Zögern kaufte ich den Sari. Pari und die Verkäuferin boten mir auch gleich an, mir beim Ankleiden zu helfen. Es war alles wie ein Traum. Die Begegnung mit Swami Vishwananda, der bevorstehende Darshan, dieser schöne rote Sari.

Am Abend saß ich dann in den Sari gekleidet beim Darshan und das auch noch in der ersten Reihe. Ich kam mir vor wie eine Braut. Etwas unsicher fragte ich Pari: „Ist es wirklich ok, dass ich so weit vorne sitze?“ Sie antwortete: „Ja, alles ok, Swami möchte das so.“ Die Wartezeit kam mir vor wie eine Ewigkeit, dann endlich kam Guruji in die Halle. Er war jetzt ganz anders als mittags in Jeans und Pullover. Mittags war er für mich ein Heiliger gewesen; jetzt während des Darshans konnte ich keine Beschreibung mehr für Ihn finden, konnte den Blick nicht von Ihm abwenden. Fasziniert und unheimlich glücklich saß ich zu Seinen Füßen.

Mein erster Darshan! Guruji schaute mich liebevoll an, und ich spürte eine so innige Liebe, dass mein Herz vor Glück und Aufregung raste.  Heute, über neun Jahre später, kann ich nur sagen: Was für ein Segen, Ihm begegnet zu sein. Guruji hat mein Leben nicht nur positiv verändert, sondern mein Leben auf eine Art und Weise bereichert, die mit nichts auf der Welt zu vergleichen ist.  Dank Seiner Hilfe wächst meine Liebe zu Ihm, zum Göttlichen. Er hilft mir, mich selbst und die Menschen um mich herum so anzunehmen und zu lieben, wie sie sind. Die Verbindung zu Ihm schenkt mir einen unbeschreiblichen inneren Frieden. Für mich ist Seine Liebe die göttliche, bedingungslose Liebe.

Dayakari

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