Er ist dein Meister

Wenn ich so darüber nachdenke, dass mich Guruji eigentlich schon von Geburt an geführt hat, verspüre ich tiefe Dankbarkeit. Die beste Freundin meiner Mutter – Claudia, bzw. vielen auch als Gloria oder Manjuri bekannt – passte oft auf mich auf, als ich klein war. Ihre Wohnung war voll mit Bildern indischer Heiliger, Gottheiten wie Krishna und Unmengen an Herzen und Engeln. Während sie mich und einige andere Kinder betreute, spielte im Hintergrund klangvolle indische Musik, sie zündete wohlriechende Räucherstäbchen an, hüllte uns in bunte Tücher und zeigte uns, wie wir unsere Aura vor schädlicher Energie schützen konnten.

Mein Leben Gott widmen

Jahre später – ich war 18 Jahre alt – verspürte ich den tiefen Wunsch, endlich meine Bestimmung im Leben zu finden. Ich hatte eine Art Krise und wollte unbedingt herausfinden, wohin ich gehöre und was meine Aufgabe ist. Mit 19 Jahren leistete ich zunächst einmal zwei Monate Freiwilligenarbeit in Nepal, wo ich Kindern Englisch unterrichtete. Dies erfüllte mich zwar, doch tief in meinem Inneren wollte ich Gott noch näher sein und empfand den Wunsch, mein Leben gänzlich Gott zu widmen. Regelmäßig recherchierte ich nach Klöstern, hörte mir Vorträge spiritueller Lehrer an und las Bücher wie die „Autobiographie eines Yogis“. Zudem hatte ich das Bedürfnis, mich mit Claudia über meine Sehnsucht einer spirituellen Sinnsuche auszutauschen. Claudia, die regelmäßig nach Indien reiste, war nicht immer leicht zu erreichen, doch irgendwie schaffte meine Mutter es, mit ihr in Kontakt zu treten.

Sie bat mich um zwei Fotos von mir, die sie einem erleuchteten Meister zeigen wollte. Kurz darauf meldete sie sich wieder mit einer E-Mail. Dort stand unter anderem geschrieben, dass der Guru – Sri Swami Vishwananda – meinte, ich brauche einen spirituellen Wegbegleiter, und dass Er mich gerne kennenlernen würde. Zudem schickte sie mir ein Foto von Guruji und ein weiteres von Paramahamsa Nithyananda aus Indien. Nun sollte ich mich entscheiden, wen ich gerne zuerst kennenlernen wollte. Vollkommen überwältigt, dass ich auf einmal auf dem richtigen Weg zu sein schien, bekam ich dann auch noch die Aufgabe, Geschichten für das Buch „Blossoming of the Heart“ aus dem Englischen ins Deutsche zu übersetzen. Trotzdem fühlte ich mich innerlich ein wenig leer und unsicher, da ich nicht wusste, was die Zukunft bringen würde. An einem der Tage, an denen ich grübelnd im Bett lag, klingelte auf einmal das Telefon. Es war Dienstagabend, 19 Uhr. Meine Mutter, mit der ich zusammenwohnte, hatte es sich bereits im Wohnzimmer gemütlich gemacht.

Eine unerwartete Überraschung

Am Telefon war Claudia, die mir nahelegte so schnell wie möglich mit meiner Mutter in ihre Wohnung zu kommen, da ein hochentwickelter Swami aus Südafrika uns unbedingt kennenlernen wollte. Es handelte sich um Swami Vishwaparanthapananda. Später erklärte er mir, dass er ein Foto von mir in Claudias Wohnung liegen gesehen und gespürt hatte, dass er mit mir sprechen musste. Kurzerhand überredete ich also meine Mutter, den Abend bei Claudia zu verbringen.

Swami Vishwaparanthapananda stand bereits in der Tür und begrüßte uns mit seiner warmherzigen Ausstrahlung. Als erstes schnappte er sich meine Mama, der er Ratschläge für ihre Gesundheit gab. Dann war ich an der Reihe. Sofort spürte ich, dass es sich um einen besonderen Menschen handelte, denn er wusste Dinge über mich, die er eigentlich gar nicht wissen konnte. Warum ich so streng mit meinem Vater sei, fragte er mich unter anderem und da konnte ich die Tränen einfach nicht mehr zurückhalten. Er führte mich dann an Claudias Computer und zeigte mir Videos von Heiligen, wie Shirdi Sai Baba oder Anandamayi Ma. „Möchtest du einen wahren Meister sehen?“, fragte er und lächelte mich überschwänglich an. Und dann zeigte er mir eines der schönsten Videos, das ich je gesehen hatte: Sri Swami Vishwananda sang hingebungsvoll „Narayana Narayana, Jai Jai Narayana Narayana“. Auf einmal spürte ich eine immense Liebe in mir und das Gefühl, endlich angekommen zu sein. „Schon am Sonntag könntest du Ihn in Friedrichshafen beim Darshan treffen, wenn du willst, und natürlich wenn Er das auch will!“, sagte er und lächelte fast spitzbübisch. Ob ich wollte? Natürlich! Mehr als alles andere auf der Welt! Swami Vishwaparanthapananda war mit der Antwort anscheinend sehr zufrieden, brachte meiner Mutter und mir das Mantra „Om Namo Narayanaya“ bei, segnete uns mit einer Murti von Ganesha und schenkte uns von Guruji gesegnetes Öl sowie das Buch über die „Bhakti Saints“. Die nächsten Tage bereitete ich mich geistig auf dieses großartige Treffen vor, indem ich weiterhin Texte übersetzte und mich mental mit Guruji verband.

Mein Herz klopfte

Am Sonntag fuhren wir dann mit Claudia, Swami Vishwaparanthapananda und einem anderen Schüler Gurujis gemeinsam nach Friedrichshafen. Strahlende Menschen in wallenden indischen Kleidern, Poster von unserem geliebten Guruji und ein kleiner Verkaufsstand in der Eingangshalle – es gab viel zu entdecken und ich fühlte mich in dieser vertrauten Atmosphäre auf einmal so geborgen und wohl wie noch nie zuvor. Swami Vishwakurunandhanananda hieß mich herzlich willkommen, stellte mir Fragen über mein Leben und darüber, was ich so machte. Ich sei inzwischen 20, war vor kurzem in Nepal und nun schaue ich, wie es weitergehe, verriet ich ihm. „Nun, ich denke, dann kommst du zu uns“, sagte er und lächelte mich auf mysteriöse Art und Weise an.

Viel Zeit, darüber nachzudenken, hatte ich nicht, denn Claudia nahm mich an die Hand und führte mich in die Darshan-Halle, die bereits voll besetzt war und in der fleißig gesungen wurde. „Setz dich am besten so gut wie möglich vorne in die Reihe und schaue bitte nur Guruji an. Alles andere ist unwichtig. Er ist dein Meister, weshalb dein Geist auf Ihn ausgerichtet sein sollte“, wies mich Claudia an. „Nun schön, dann mache ich das“, antwortete ich und nahm brav meinen Platz ein. Zwar kannte ich die Lieder kaum, konnte aber nicht anders, als inbrünstig mitzuträllern. Immerhin würde gleich ein erleuchteter Meister den Saal betreten, und das war schon etwas ganz Besonderes.

Auf einmal erhob sich die Menge und verbeugte sich respektvoll. Mein Herz klopfte bis zum Hals und ich hatte das Gefühl, mein ganzer Körper sei von tiefster Liebe erfüllt. Da war Er – anmutig und strahlend betrat Er seinen Thron. Ich war völlig hin und weg, in mir breitete sich tiefe Stille aus. Geborgen, wie in einem Ozean der Liebe, getragen und endlich in den Armen meines Meisters – so fühlte ich mich.

Es war diese tiefe Verbundenheit, die es nur geben kann, wenn man seinem Satguru nach vielen Leben endlich wieder körperlich begegnet. Als Guruji mir beim Darshan tief in die Augen und folglich auch in die Seele schaute, war es um mich geschehen: Ich wusste, dass Er mich besser kennt, als jeder andere auf der Welt, obwohl ich Ihn auf physischer Ebene gerade erst kennengelernt hatte.

Ich sagte spontan ‚Ja‘

Nach dem Darshan hieß es auf einmal, dass Guruji bald die vorerst letzten Einweihungen geben würde. Ob ich denn mitmachen wollte und gerne Jal- oder Voll-Brahmacharini werden würde, fragte man mich. Spontan antwortete ich aus meinem Herzen heraus, dass ich mich nur zwei Wochen später, am 12.8.2008, gerne zur Voll-Brahmacharini einweihen lassen würde.

Und siehe da – es lief alles nach göttlichem Plan. Guruji gab mir meinen spirituellen Namen, Ekamati, der „konzentriert“ bedeutet, und ich musste schmunzeln. Hatte Claudia mir nicht eingetrichtert meinen Geist immer auf Guruji zu lenken? Und genau das ist es, was ich seitdem stetig trainiere. Mein Herz und meinen Geist voll und ganz in Guruji, Krishna und der göttlichen Liebe aufgehen zu lassen, sodass alles andere sich auflöst und tiefe Hingabe sowie Vertrauen entstehen kann.

Ekamati

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